Feminismus´

Kapitale Zweisamkeit: Zu einer materialistischen Kritik der Geschlechterverhältnisse


„Feministische Kritik erscheint heutzutage den meisten als Überbleibsel aus grauer Vorzeit: peinliche Erinnerung an die Zeit der lila Latzhosen. Und in der Tat – die gesetzlichen Diskriminierungen, die den Ausschluss der Frauen aus der Öffentlichkeit besiegelten, sind, zumindest in den Metropolen, genauso beseitigt wie die altehrwürdigen Vorrechte des pater familias. Professorinnen, Ingenieurinnen oder Bundeskanzerinnen lösen kein allgemeines Staunen und Kopfschütteln mehr aus; Mädchen werden vielmehr ermutigt, in so genannte »Männerberufe« vorzudringen; und wer heute noch so über Frauen redet, wie es im Zeitalter der Hausfrauenehe und des Herrenwitzes üblich war, erntet in der Regel einen Sturm der Entrüstung.

Das gilt erst recht in der Linken. Wo früher despektierlich von ›Nebenwidersprüchen‹ die Rede war und ›freie Sexualität‹ vor allem die Verfügungsgewalt der Avantgardekader über das weibliche Fußvolk meinte, kommt heute niemand mehr um Fragen der Sexualität, der Familie, der Kindererziehung, der Reproduktion herum. Kurz: Wenn das grauenvolle 20. Jahrhundert irgendeinen unbezweifelbaren Forschritt mit sich gebracht hat, dann den, dass bei der Befreiung der Menschheit deren eine Hälfte nicht mehr vergessen werden kann.

So recht glücklich scheint dennoch niemand mit dem erreichten Stand der Emanzipation zu sein. Trotz Mädchentag und Gendermainstreaming verdienen Frauen weiterhin im Durschnitt weniger und die traditionellen Männerklüngel existieren fort; der Mainstream kreist geradezu hysterisch um Fragen geschlechtlicher Identität; und insgeheim schielt man (und manchmal auch frau) neidisch dorthin, wo sich – im Zeichen islamischer, aber auch christlicher Erweckungsbewegungen – mittels brutal durchgesetzter Geschlechterapartheid eine Art Krisenpatriarchat etabliert.

Der Feminismus scheint dem hilflos gegenüberzustehen: Was sich nicht als sozialdemokratische Gleichstellungspolitik institutionalisiert hat, das driftet in eine (nicht selten für noch jede nicht-autochtone Barbarei aufgeschlossene) poststrukturalistische Esoterik ab.

Demgegenüber soll der Vortrag darin einführen, wie eine materialistische Kritik des bürgerlichen Geschlechterverhältnisses zu fassen wäre – und warum diese sich zu stützen hätte auf das, was in der Postmoderne selbst in den Ruch des Patriarchalen geraten ist: die Marx’sche Kritik der politischen Ökonomie wie die Freud’sche Psychoanalyse.

Dargestellt werden soll, mit anderen Worten, warum das Elend von Männlichkeit und Weiblichkeit nur an seiner kapitalen Wurzel zu packen ist: an der widersprüchlichen Einheit von Produktion und Reproduktion, von Wertform und geschlechtlicher Arbeitsteilung, und an der Bedeutung der geschlechtlichen Identifizierung fürs scheinbar so geschlechtslose bürgerliche Subjekt. Abschließend soll es um die Repräsentation von sex und gender in Zeiten der individuellen Selbstoptimierung gehen – für die nicht zufällig Sport eine so herausragende Rolle spielt.“

(Text & Quelle: http://kritischereinwurf.blogsport.de/2014/08/19/veranstaltungsreihe-fussball-ist-maennersache-kritische-veranstaltungsreihe-zu-sexismus-im-fussball/ | MP3: https://soundcloud.com/kritischer-einwurf/kapitale-zweisamkeit-zu-einer-materialistischen-kritik-der-geschlechterverhaltnisse?in=andrea-duchek/sets/vortr-ge)

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